Quelle 3 zur Projektbeschreibung: "Bearbeitung und Transformation von Sprache"
Die Unsicherheit der Wirklichkeit, Piper 1981
(S. 9)
Es geht um die Frage, wie wir - dadurch, dass wir unweigerlich von einem ganz bestimmten Ausgangspunkt an die phantasmagorische, kaleidoskopische Komplexität der Welt herangehen - vorwegnehmen, was wir zu finden glauben. Um es ganz banal auszudrücken: Wie man in den Wald ruft, schallt es heraus. Wie man an die Wirklichkeit herangeht, ist für das ausschlaggebend, was man finden kann. Das heisst, dass wir im buchstäblichen Sinne unsere Wirklichkeiten konstruieren.
(S. 16)
Man kann Unordnung, (..) etwa in einem Zahlensystem, überhaupt nicht wahrnehmen, weil unser Hirn gar nicht geeignet ist, totales Chaos wahrzunehmen, sondern überall Ordnung sucht - auch dort, wo keine ist.
(S. 31)
Aus der Idee des Konstruktivismus ergeben sich zwei Konsequenzen. Erstens die Toleranz für die Wirklichkeiten anderer - denn dann haben die Wirklichkeiten anderer genausoviel Berechtigung wie meine eigene. Zweitens ein Gefühl der absoluten Verantwortlichkeit. Denn wenn ich glaube, dass ich meine eigene Wirklichkeit herstelle, bin ich für diese Wirklichkeit verantwortlich, kann ich sie nicht jemandem anderen in die Schuhe schieben.
(S. 41)
Eben weil unser kognitiver Apparat so ausgebildet ist, kommt es zur Annahme einer solchen Wirklichkeit.
(S. 43f)
Es ist für uns immer wieder schwer begreifbar, dass sich (..) kein System aus sich selbst heraus beweisen kann; es muss immer Rekurs nehmen zu einem weiteren, noch grösseren System, in dem dieses System eingebettet ist, so dass die Erklärungsprinzipien aus dem Grösseren System hergenommen werden müssen, wobei die des grösseren Systems wiederum unklar bleiben. Es bleibt immer wieder die Frage: Ist das Obersystem konsequent und konsistent?
(S. 47f)
Ob man das magische Theater der Welt als das Versprechen faszinierender Möglichkeiten erlebt oder als bedrückenden, verwirrenden, labyrinthischen Alptraum, hängt natürlich damit zusammen, wie man an die Frage herangeht.
(S. 50)
Vor allem aber sind wir ja nicht allein. Gegenüber dem Ich gibt es das Du, um das Ich herum gibt es das Wir. Die Wirklichkeit wird ja nicht vom einzelnen regellos und willkürlich konstruiert, sie ist eine Übereinkunft, das Produkt von Kommunikation.
© 2000 zuletzt geändert am 22. Mai 2000.