De- und Rekonstruktionen von Körper-Klang-Ausdrucksbeziehungen: Das “Embodied Generative Music”-Projekt
Abstract eines Vortrags auf der “Challenging Music, Dance and Performance: The Electronic Media”- Konferenz am 31.8.-2.9.2009 an der Anton-Bruckner Privatuniversität in Linz, Österreich.
Historisch gesehen basiert künstlerischer Ausdruck auf der expressiven Handhabung von Dingen. In Künsten, die sich elektronischer Medien bedienen – also dort, wo Computer oder andere elektronische Schaltkreise die Zustände und Erscheinung einer Installation oder eines Werks bestimmen –, tendiert diese Handhabe dazu, sich aufzulösen. Anstelle hochnuancierter und vielfältiger Körperbewegungen (wie sie zum Beispiel der Malerei, dem Zeichnen, der Bildhauerei, dem Instrumentalspiel, dem Tanz, usw. innewohnen), tritt das Regeln von Parametern, und das oft teilautomatisierte Gestalten digitaler Materialien in den Vordergrund. Man könnte dies als drastischen Verlust betrachten; indes birgt es auch einen faszinierenden Gewinn. Durch Echtzeit-Interaktivität können elektronische Medien die dort zeitweise fast verschwundenen, ehemals direkten Körperbezüge im künstlerischen Produktionsprozess simulieren, und somit deren Dekonstruktion und Rekonstruktion ermöglichen. Damit eröffnen sich genau jene (verloren geglaubte) Bezüge der Erforschung und Erweiterung. “Embodied Generative Music (EGM)” ist ein gegenwärtig laufendes Forschungsprojekt, das sich der Erforschung solcher Beziehungen zwischen Berührung und Klang im Instrumentalspiel widmet. Im EGM-Projekt werden mittels einer Kombination von Bewegungserfassungssystem und Klangerzeugungssoftware neue Beziehungen zwischen Bewegung und resultierendem Klang gestaltet, d.h. zwischen körperlichem und klanglichem Ausdruck. Der Raum wird zum Instrument; dies konfrontiert uns nicht nur mit einer neuen, intermedialen Kunstform in der Aufführende – in diesem Fall Tänzerinnen und Tänzer – in zwei Ausdrucksmedien gleichzeitig arbeiten; es ermöglicht auch die Erforschung musikalischer Gestaltwahrnehmung. Ich beginne den Vortrag mit einer Beschreibung des intermedialen Instruments und bespreche Phänomene, die in der Wahrnehmung der SpielerInnen, Komponisten und des Publikums entstehen. Anschließend stelle ich vor, wie ästhetische Analysen der tänzerischen Explorationen ein Verständnis musikalischer Erfahrung als leibliche, nicht rein intellektuelle, Erfahrung erzeugen. Abschließend bespreche ich, wie das phänomenologische Konzept des Leibes die Ästhetik neuer, auf elektronischen Medien basierenden Kunstformen, erhellen kann – Kunstformen, die menschliche Bewegung in virtuelle Welten integrieren, und damit die Idee des Ausdrucks verändern, oder wiedererfinden.
Challenging Music, Dance and Performance: The Electronic Media