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Mehr Wirklichkeit 3 Hören in 4 Sätzen

Peter Ablinger, Jeunesse

  22. Mai 2002, RadioKulturhaus, 21.-24. Mai Karlsplatz, Resslpark, 21.-24. Mai Kunsthalle Wien, Project Space Karlsplatz



© DER STANDARD, 22. Mai 2002


Welt als Wirklichkeit und Vorstellung
Der Musiker Peter Ablinger im Porträt Wien - Viersätzig, also vierteilig, ist das Projekt, das Peter Ablinger dieser Tage in Wien präsentiert, und der letzte Teil davon ist kein unamüsanter: Die "Wiener Durchgangsstücke", sie existieren nämlich nur am Papier. Wenn man wolle, meint Ablinger, könne man schon hingehen ins Café Prückel, vom vorderen in den hinteren Raum wechseln und hinhören, wie es lauter oder leiser wird.


Konkreter ist dann der dritte Teil der von der Jeunesse, Ö1 und der Kunsthalle veranstalteten Ablinger-Schau: Im Project Space Karlsplatz ist vier Tage lang die Installation "Quadraturen II" zu erfahren. Sechs Lautsprecher sind auf ebenso vielen hohen Sockeln platziert, jeder Sockel ist mit dem Namen einer bekannten historischen Persönlichkeit beschriftet. Betritt man den Raum, nimmt man erst einmal ein pulsierendes Rauschen wahr. Ablinger interessiert nun der Moment, in dem der Besucher vor einen Sockel tritt und einen Namen liest: Für einen kurzen Augenblick kippt dann dessen Aufmerksamkeit, ist die akustische Wahrnehmung ausgeklinkt.


Die "Schilderungen": Im Resselpark hat Ablinger 14 Schilder aufgestellt, mit Hinweisen auf Klänge und Geräusche der unmittelbaren Umgebung, wie zum Beispiel das Gegurre der Tauben, das Kreischen spielender Kinder. Die Schärfung des Bewusstseins für die alltägliche Geräuschkulisse ist für Ablinger aber lediglich ein Nebenprodukt. Auch bei dieser Aktion interessiere ihn "das Kippen, der Wechsel des Hierseins".


Peter Ablinger wurde 1959 im oberösterreichischen Schwanenstadt geboren; er hat von klein auf Klavier gespielt und gemalt, studierte Komposition in Wien. Vorbilder, Bezugspunkte für sein musikalisches Schaffen fand er fast ausschließlich in der bildenden Kunst: Newman, Malewitsch, dann die monochrome Malerei in den USA Mitte der Neunziger.


Jede musikalische Idee impliziert bei Ablinger eine grafische: Ein neues Stück wird erst einmal zeichnerisch auf einem Blatt Papier festgehalten. Verglichen mit der bildenden Kunst hinke die neue Musik etwa dreißig Jahre hinterher, meint Ablinger, bestimmte musikalische Rituale würden kaum hinterfragt: das Instrumentarium, die klassisch-virtuose Ausbildung, die gesamte "erdrückende Historizität des Musikbetriebs".


Zwischen maximaler Abstraktion und maximaler Konkretheit ist das künstlerische Tun Peter Ablingers aufgespannt. "Mehr Wirklichkeit" fordert sein Wiener Projekt ein - es lohnt wohl, sich davon mehr als nur eine Vorstellung zu machen. (ende)


Porträt-Konzert Peter Ablinger heute im RadioKulturhaus, 4., Argentinierstr. 30a, 20.00; "Quadraturen II" und "Schilderungen" noch bis 24. 5. im Project Space Karlsplatz, 4., Treitlstraße 1-3, bzw. Resselpark.


© 2000, zuletzt geändert am 5. Juni 2002.


Last modified 02.04.2003