Hier beginnt der Algorithmus
In diesem Konzert werden Teilnehmer des Seminars „Algorithmische Komposition“ an der Grazer Musikuniversität sehr unterschiedliche Arbeiten auf diesem Gebiet vorstellen. Der von Winfrid Ritsch entwickelte „Klavierspielerautomat“, Instrumente des javanesischen Gamelans, sowie elektronisch erzeugte Klänge bilden das Instrumentarium des Abends. Videoprojektionen und die Mitwirkung von SchauspielerInnen sind Bestandteile einiger interaktiver Kompositionen.
Der Ausdruck Algorithmus wird vom persischen Mathematiker Abu Ja'far Muhammad ibn Musa al-Khwarizmi 780-850 (Mohammed der Vater Jafars, der Sohn Musas aus Khwarizmi) abgeleitet. Neben seinem bekanntesten Buch Hisab Aljabr W'Almuqabala , von dessen lateinischer Übersetzung (Robert of Chester, 1140) "Liber algebrae et almucabala" sich der Begriff Algebra herleitet, verfaßt er auch um 820 eine Schrift in der er den Gebrauch indischer Zahlen erläutert. Das persische Original dieser Schrift ist verschollen, aber um 1140 wird das Buch von Robert of Chester erstmalig ins Lateinische übersetzt. Die Schrift beginnt mit den Worten: Dixit Algoritmi: laudes deo rectori nostro atque defensori dicmus dignas ... (Algoritmi sprach: Gelobt sei Gott, unser Herr und Beschützer.)
Der Gebrauch des indischen Zahlensystems wird auch im „Carmen de Algorismo“, von Alexander de Villa Dei um 1220 erläutert. Hier heißt es: Hinc incipit algorismus. Haec algorismus ars praesens dicitur in qua ... (Hier beginnt der Algorithmus. Diese neue Kunst wird Algorithmus genannt.)
Die Etymologie ergibt sich somit aus dem latinisierten Namen der Al-Khwarizmi, welcher in weiterer Folge Bezeichnung für ein arithmetisches Verfahren wird. Die „Encyclopaedia Britannica“ beschreibt einen Algorithmus als eine „Systematic procedure that produces -in a finite number of steps – the answer to a question or the solution of a problem.“ Somit kann im weitesten Sinn ein jedes formalisierbares Verfahren mit dem Begriff „Algorithmus“ beschrieben werden. Musik ist in einem hohen Grad mit Struktur verbunden, sofern diese Struktur formalisiert für einen Kompositionsprozess verwendet wird kann man von „algorithmischer Komposition“ sprechen.
Doch, wie spricht schon Diogenes in seinem Fass: Grau ist alle Theorie !
In diesem Konzert werden Teilnehmer des Seminars „Algorithmische Komposition“ an der Grazer Musikuniversität sehr unterschiedliche Arbeiten auf diesem Gebiet vorstellen. Der von Winfrid Ritsch entwickelte „Klavierspielerautomat“, Instrumente des javanesischen Gamelans, sowie elektronisch erzeugte Klänge bilden das Instrumentarium des Abends. Videoprojektionen und die Mitwirkung von SchauspielerInnen sind Bestandteile einiger interaktiver Kompositionen.
In Martin Dientls Stück wird die Bewegung mehrerer TänzerInnen interaktiv in Musik umgesetzt.
Matthias Geier arbeitet mit selbstähnlichen Strukturen, welche durch Lindenmayer Systeme erzeugt werden.
Yevgen Gembik hat sich mit der Logik eines Schachspiels für die Erzeugung musikalischer Struktur beschäftigt.
Robin Hofe verwendet zelluläre Automaten in der Gestalt des „Game of Live“, einer Simulation von Wachstumsprozessen in biologischen Umgebungen.
Für Bernhard Hohmann sind es die Wege von Grazer Fahrradboten, welche Ausgangspunkt für seine musikalische Arbeit darstellen.
Georg Holzmann verwendet die akustischen Resultate aller anderen Kompositionen für seine Arbeit am Ende des Konzerts.
Anna Saranti erstellte eine Arbeit, welche im Nachhinein auf algorithmische Prinzipien untersucht wurde.
Reinhold Schinwald und Timo Kaufmann arbeiten mit einem Schauspieler zusammen, dessen Bewegungen die Struktur der Musik beeinflussen.
Gerda Strobl hat sich mit akustischen Umsetzungen von Algorithmen der Suchmaschine Google beschäftigt.
Yasuko Ueda verwendet Gamelan Instrumente in Zusammenhang mit Live-Elektronik für eine Komposition, deren Bestandteile nach unterschiedlichen Prinzipien strukturiert sind.
Text: Gerhard Nierhaus (Seminarleitung: Algorithmische Komposition)