Klaus Johns, Hamburg 14. Mai 1950 – Graz 19. Oktober 2004
Donnerstag, 23. März 2006, Minoritensaal, 20:00 Uhr
Im vorigen Jahr veranstaltete das Kulturzentrum bei den Minoritendem gemeinsam mit dem Grazer Osterfestival, der Grazer Konzertagentur und den InterpretInnen eine lange Nacht der Musik mit Werken von Klaus Johns aus Anlass seines viel zu frühen Todes. Gleichzeitig bildete dieser Abend auch den Abschluss einer gewaltigen Aufnahmesession im Minoritensaal, dessen Akustik bekanntlich einzigartig ist.
Die entstandene Doppel-CD mit Werken von Klaus Johns enthält 13 Kompositionen aus den Jahren 1975 bis 2000 und bietet einen relativen Überblick seines Schaffens und seiner kompositorischen Entwicklung.
Link zur Extraplatte wo die CD bestellt werden kann.
InterpretInnen:
Janna Polyzoides Wien/Klavier
Christos Polyzoides Graz/Violine
Margherita Marseglia Alicante/Violine
Benjamin Reissenberger Essen/Klarinette
Dimitrios Polisoidis Wien/Violine, Viola
Martin Hornstein Wien/Violoncello
Demetrius Polyzoides Köln/Viola
Leonhard Bartussek Düsseldorf/Violoncello
Armin Egger Wien/Gitarre
Katherina Polyzoides-Survali Graz/Klavier
drei kleine Klavierstücke 1975 für Klavier solo
Klavierstück 1981 für Klavier solo
Jhampak 1982 für Violine und Klavier
Variationen ohne Thema 1981/82 für Klavier solo
El diablo suelto y su muerte 1985/86,Quartett für Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier
DoppelQuartett 1989/90, für 2 Violinen, 2 Violen, 2 Violoncelli und Klavier vierhändig
Ezlo 1992 (1. Fassung) für Klavier solo
Ezlo oder die Vernichtung von Gok 1994, (2. Fassung) für Klavier solo
sechs danzas contemporaneas 1992, für Streichquartett, Gitarre und Klavier
Trio 1995 für Violine, Klarinette und Klavier
Variation eines Themas von Wolfgang Zeller (1932) 1997, für Klarinette, Violine und Klavier (Fassung II)
Im letzten Augenblick 1999 für Violine solo
Divisions plaquatives 2000, 6 Klavierstücke
Aufnahmedaten: 1., 2., 14., 20. -21., 24. März, 13. April 2005
Aufnahmeort: Kulturzentrum bei den Minoriten in Graz, Österreich
Aufnahmeleitung:
Demetrius Polyzoides (6 danzas contemporaneas, El diablo suelto y su muerte, Trio, Zeller-Variation)
Martin Hornstein (7 Solowerke)
Benjamin Reissenberger (DoppelQuartett)
Christos Polyzoides (Jhampak)
Aufnahme, Technik, Mischung und Mastering: Markus Noisternig unter der Mithilfe von Studierenden der LV Aufnahmetechnik 3: David Fischer, Peter Plessas, Erwin Springer, Roland Wetzl
Schnitt: Martin Hornstein
Cover und Booklet: Manuel Johns
Die im März 2006 erschienene Doppel-CD mit 13 Kompositionen des überraschend verstorbenen Komponisten Klaus Johns, stellt einen kleinen, aber repräsentativen Querschnitt seines Schaffens für Klavier solo und für Kammermusik mit Klavier dar, beginnend mit seiner allerersten Komposition aus dem Jahre 1975 und endend mit den „Divisions plaquatives“ aus dem Jahr 2000.
Klaus Johns plante kurz vor seinem Tode, die hier vorgestellten 13 Werke auf CD aufnehmen zu lassen. Doch leider kam es nicht mehr dazu.
Die Pianistin Janna Polyzoides, für die Klaus Johns viele Werke für Solo Klavier komponiert hatte und die auch die meisten seiner Klavierwerke uraufgeführt hatte, empfand es nach seinem unerwarteten Tode nicht nur als selbstverständliches Wollen, sondern als persönlichen Auftrag, seinen Wunsch in die Tat umzusetzen. Sie begann schon im November 2004 mit der Organisation dieser CD-Aufnahmen. Die zehn Musiker, die in verschiedenen europäischen Städten leben, hatten alle ein Nahverhältnis zu Klaus Johns. Viele von ihnen wirkten seinerzeit bei den Uraufführungen dieser Werke mit.
Neben der renommierten Pianistin Janna Polyzoides, die auf dieser Doppel-CD bei zwölf der dreizehn Werke zu hören ist, wirkte der bekannte Wiener Cellist Martin Hornstein nicht nur beim Quartett („El diablo suelto y su muerte“), Sextett („6 danzas contemporaneas“) und Oktett („DoppelQuartett“) mit, sondern zeichnet auch für den Schnitt der CDs verantwortlich.
Die deutsch-italienische Geigerin Margherita Marseglia, die an der spanischen Musikhochschule Alicante eine Violinklasse leitet und mit ihrem eigenen Streichorchester als Leiterin und Solistin große Erfolge feiert, kannte Klaus Johns aus ihrer Grazer Studienzeit und ist im Sextett („6 danzas contemporaneas“) und Oktett („Doppelquartett“) zu hören.
Der Cousin von Janna Polyzoides, der griechische Geiger und Bratschist Dimitrios Polisoidis, der nicht nur als Mitglied des Klangforum Wien, sondern auch als Solist und Pädagoge weltweit Karriere macht, lernte Klaus Johns ebenso während seiner Studienzeit an der Grazer Musikuniversität kennen. Er spielt auf dieser CD Violine im Duo „Jhampak“, im Quartett „El diablo suelto y su muerte“, und Viola im Sextett („6 danzas contemporaneas“) und Oktett („DoppelQuartett“).
Der junge deutsche Klarinettist Benjamin Reissenberger, lernte Klaus Johns als Lehrer kennen. Er belegte bei ihm das Fach Gehörschulung an der Grazer Musikuniversität und im Laufe der Zeit entstand eine tiefere Freundschaft. Klaus Johns war vom Ausdruck und vom Klang seines Klarinettenspiels von Anfang an fasziniert.
Der in Köln lebende Geiger Demetrius Polyzoides, Bruder und Duopartner von Janna Polyzoides, Primarius des berühmten Kölner Streichsextettes ist im Oktett (DoppelQuartett) zu hören und übernahm bei den Aufnahmen bei den meisten Kammermusik-Werken die Aufnahmeleitung.
Sein Vater, der legendäre Geiger und Pädagoge em. Univ. Prof. Christos Polyzoides, war der beliebteste Interpret von Klaus Johns. Er wirkte bei allen Uraufführungen mit und spielte für diese CD das Solostück „Im letzten Augenblick“, das „Trio 1995“ und das Trio „Zeller-Variation“ ein und war Primarius im Sextett („6 danzas contemporaneas“) und Oktett („DoppelQuartett“).
Der bekannte Gitarrist und mehrfache internationale Preisträger Armin Egger, interpretierte erstmals ein Werk von Klaus Johns, ebenso der junge Cellist Leonhard Bartussek, der bis zu diesem Zeitpunkt Klaus Johns nur als Pianisten und genialen Arrangeur des Tango begegnet war.
Die Grazer Pianistin Katherina Polyzoides-Survali, die erst vor kurzem gemeinsam mit ihrem Mann das 50-jährige Bestehen des berühmten „Duo Christos und Katherina Polyzoides“ mit einer großen Konzerttournée feierte, ist im Duo „Jhampak“ und im Oktett („DoppelQuartett“) zu hören.
Einige Notizen zu den vorliegenden 13 Kompositionen:
- Klaus Johns verwendet im Duo „Jhampak“ den gleichnamigen 11-schlägigen indischen Liederrhythmus.
- Das Sextett „6 danzas contemporaneas“ basiert ausschließlich auf Skalen aus dem ägyptischen Kulturkreis.
- In seinem Oktett „DoppelQuartett“ versucht Klaus Johns die Filmsprache des dänischen Regisseurs Carl Theodor Dreyer in eine adäquate musikalische Sprache umzusetzen.
- Die äußerst humorvolle kompositorische Verarbeitung eines Themas von H. Fernandez im Quartett „El diablo suelto y su muerte“, wo der losgelassenen Teufel am Ende völlig zu zerbröseln scheint, läßt die ZuhörerInnen nicht aus seinen Fängen.
- Das ironisch-makabre Trio „Variation über ein Thema von Wolfgang Zeller“, eines deutschen Komponisten, der auch Musik zu antisemitischen, heute verbotenen, Propagandafilmen schrieb, erschreckt am Ende durch einen lauten Schrei (von wem?), der manchen Zuhörer laut auflachen, andere wiederum betroffen verstummen läßt.
- Für beiden Versionen des Klavierstückes „Ezlo“ liefert der Klang des tiefsten Tons des Klaviers, die Idee für „Gok“. Klaus Johns schrieb vor der Uraufführung der ersten Version von „Ezlo“ (1992) folgendes:
„Eines meiner wichtigsten Anliegen ist die Beschränkung auf das Wesentliche, - eine Reaktion auf Fülle und Übersättigung, verbunden mit dem verständlichen Wunsch nach Verständnis. Ich weiß nicht, w i e zeitgenössische Musik sein muß, mir ist nur wichtig, daß sie nicht i r g e n d w i e ist. Voraussetzung dazu sind Ehrlichkeit und Mut. Um Beides habe ich mich bemüht.“
- Über „Ezlo oder die Vernichtung von Gok“ (1994) sagte Klaus Johns in einem ORF-Interview:
„Man könnte fast sagen die Rollenverteilung hat sich verdreht: die Pausen und die Ruhe, das Nichts, das Wenige, das möglichst Unhörbare, spielt fast eine wichtigere Rolle als die Töne.
Also wenn man es extrem formulieren würde, könnte man sagen: die musikalischen Gestalten dienen eigentlich dazu, die Pausen aushalten zu können … also die Zeiten aushalten zu können, in denen Nichts passiert … Also ist es nicht so, daß die Pausen die Töne unterbrechen, sondern eher umgekehrt, daß die Klänge, dann wenn sie passieren, vielleicht daran erinnern, daß da überhaupt was ist.“ - Über sein Trio 1995 für Violine, Klarinette und Klavier schreibt er (Ausschnitt):
„Unbedingt originell zu sein ist unmöglich und wäre auch auf Dauer höchst langweilig.
Die ewigen Provokationen der Fünfziger und Sechziger haben sich ausgehöhlt, sind leer geworden, sinnlos. Was bleibt? Was muß bleiben? Die europäische Kunst am Ende? –
Dann müßten Viele schweigen oder sich in die etwas modische Alternative der „Unmöglichkeit der konkreten Sprache in der Kunst“ flüchten, in die Darstellung der Ohnmacht. Diese als Lebens-Philosophie? Der „Bruch“, das „Gebrochene“, Zynismus oder Ironie – Signum europäischer Nachkriegskultur – langfristig zur generellen Verneinung und / oder Überheblichkeit führend, ist doch wohl zu wenig. Ich muß gestehen: Eine echte Alternative habe ich nicht. Es gibt also viel Arbeit.“
Klaus Johns hinterließ insgesamt ca. 50 Kompositionen, darunter Orchesterwerke („Irrlicht“, „Alice im Totenland“, „Warten“, „3 Sätze für Streichorchester“, „Camouflage“) Chorwerke („An die Verstummten“ nach Georg Trakl, „Requiem für einen Trinker“), Elektronische Musik (Klanginstallationen), Werke für Solisten und Orchester („Rhapsodie“ für Alt-Solo, „Zeit ohne Licht“ für Bariton, „Doppelkonzert“ für Mezzosopran und Kontrabaß), Lieder („Borchert-Lieder“ für Alt-Solo und Klavier, „Pater noster“ für Baß-Solo und Orgel), Kammermusik (Bläserquintett, „Bloquages Etranges“ für Streichquartett, Harfenquintett, „Block“ für Saxophonquartett und Sequenzer, „Lot“ für Flöte und Orgel, Trio für Violine, Violoncello und Akkordeon) und zahlreiche Solo-Werke.
Text u.a. Exptraplatte