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Medienkunst - Beiträge zur Ringvorlesung 2004

BEM 12, J. Gründler, R. Höldrich (Hrsg)

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Vorwort

Als die moderne Naturwissenschaft Phänomene wie Äther, Schwingungen, Strahlen und dergleichen zu erklären begann, entstanden mit der „Elektrifizierung“ der Welt die „neuen“ Medien. Vorher metaphysischer Raum wurde durch die Physik und die Kunst erobert. Folgerte James Clerk Maxwell aus seinen Gleichungen die Existenz elektromagnetischer Wellen, so baute Thaddeus Cahill mit dem Dynamophon das erste elektronische Musikinstrument Elektronische Musik war von Beginn an technologisch und konzeptionell Teil der neuen Medien. Aus Mangel an anderen Wiedergabemöglichkeiten wurden die Klänge ins Telefonnetz gespielt, dadurch waren die Konzerte Medieninstallation und Teleskulptur im elektronischen Raum, zugleich ein Vorläufer des Radios. Die zeitgenössische Fortsetzung beschreibt Heidi Grundmann in „WIENCOUVER, die Entwicklung der Radiokunst der vergangenen 25 Jahre“.

Leicht erlern- und spielbar sollte das erste industriell hergestellte elektronische Instrument, das Thermenvox, sein. Das innovative berührungslose Interface vermittelte einfache Spielbarkeit. Der amerikanische Hersteller RCA hoffte, Lev Thermens Erfindung den meisten amerikanischen Haushalten verkaufen zu können. Kaufmännisch scheiterte das Konzept, die Renaissance des Instruments in der zeitgenössischen Musik aber belegt, wie wichtig musikalische und musikantische Konzepte beim Interfacedesign elektronischer Musikinstrumente sind. Julean Simon bringt als Saxophonist und Instrumentenbauer sein Expertenwissen auf diesem Gebiet ein und beschreibt Interfaceproblematiken und -tendenzen aus der Sicht des Musikers in „Der Instrumentalist in der Elektronischen Musik“.

Die Verwandlung analoger Medien in digitale, delokalisierte Bits führte zu scheinbar körperlosen Netzen und deren Mythifizierung. Richard Kriesche stellt diese neuen Medienwelten in „digital suicide bombers“ vom Kopf auf die Füße. Über die reale Entkörperlichung der SelbstmordattentäterInnen und den Wandel der Beziehung zwischen Kunst, Medien und Wirklichkeit findet er in letzter Konsequenz zum Prinzip des Terrors als Ausdruck dieser Transformationen und wirft uns damit wieder auf unsere Körperlichkeit zurück.

In der Ortlosigkeit der Medienkunst entwirft Reinhard Braun einen kulturellen Raum, beschreibt Schnittstellen zwischen Personen, Technologien und Kunst. In seinen „Geschichten und Diskursstellen von Medienkunst“ wird die Bedeutung von Beziehungsgeflechten und Handlungssträngen in der Entstehung von Medienkunst deutlich.

Mit der Abhängigkeit unserer Wirklichkeitskonstruktion von der Qualität der Empfindung - ob visuell oder akustisch - und dem Verhältnis des wahrnehmenden Körpers zur durchmediatisierten aber entmechanisierten Umwelt beschäftigt sich Werner Jauk in „Musik als modellbildendes Medium für eine Theorie der Medienkunst“. Er beschreibt Klang, Musik, Raumwahrnehmung und Handeln im musikalischen Kontext als Referenzmodelle für das Erfahren und Leben einer mediatisierten Realität. Hans Bernhards „media hacking - digitaler aktionismus“ erinnert an die Aneignung des digitalen Raums durch KünstlerInnen und verweist explizit auf den Wiener Aktionismus. Die Hackermentalität steht historisch in der Tradition der „early adopters“ im Kunstbereich. Die frühen Synthesizer erinnern an Telefonvermittlungsanlagen, SpielerInnen modifizierten sie mit dem Lötkolben und Patchkabeln. In der Folge wurde mit Assembler, Fortran und C den klangerzeugenden Rechnern zu Leibe gerückt. Aktuelle MedienkünstlerInnen nutzen die Netztopologien als ihre Werkstatt und Bühne.

Die Beiträge dieses Bandes entstanden im Rahmen der Ringvorlesung „Medienkunst“ am Institut für Elektronische Musik und Akustik in Graz und umkreisen das Thema, beginnend bei der äußersten körperlichen Dekonstruktion und endend im digitalen Aktionismus, scheinbar entkörperlicht, doch real durch seine u.a. juristischen Folgen die Existenz der KünstlerInnen angreifend.

Josef (Seppo) Gründler

PS: Im Sinne der AutorInnen wurde Groß- und Kleinschreibung, alte oder neue Rechtschreibung sowie die geschlechtsspezifische oder geschlechterneutrale Formulierung beibehalten.


Last modified 14.02.2006