SACATECA’S DANCE
"Take Sacateca, he's a man of knowledge and his predilection is
dancing. So he dances and knows." 3
Die erste Version des KLANGOBJEKTGENERATORS schrieb ich in dem Programm CHANT-FORMES (IRCAM 1985). Damit produzierte ich das Material für das Zuspielband der Komposition SACATECA’S DANCE für Flöte und Computerklänge.
Die Kriterien für die Gestaltung des Zuspielbandes waren die folgenden:
Klangfarbe und melodisch-harmonisches Material
Diese Parameter werden von den Spektren von existierenden oder virtuellen Klang-Objekten abgeleitet und vom KLANGOBJEKTGENERATOR verarbeitet.
Zeitgliederung
Die Gesamtdauer des Tonbandes wird in n logarithmische Teile geteilt, wobei die Dauer des kleinsten und größten Abschnitts im Verhältnis r (ratio) stehen. Die Überlagerung mehrerer Schichten mit dieser Gliederung (in immer anderen Anordnungen) läßt eine polyphonische Struktur entstehen.
(Die gleichen Kriterien wurden später für die Zuspielbänder von zwei weiteren Kompositionen, THE SPIRIT CATCHER und THE NAGUAL, benutzt. Alle drei sind somit verschiedene Versionen der gleichen Struktur.)
SACATECA'S DANCE nimmt als Ausgangspunkt die Fourieranalyse eines einzigen Klang-Objekts, dessen Teiltöne (auf die Schichten A, B, C, und D verteilt) folgende Tonhöhen ergeben (Abb.9):
Abb. 9: Teilton-Spektrum des Klangobjektes für SACATECA'S DANCE
Globale Parameter des Tonbandes:
Zeitgliederung
540 Sekunden wurden in 25 logarithmische Dauern eingeteilt, wobei die längste (50.64 Sek.) acht mal so groß ist wie die kürzeste (6. 33 Sek.). An das Ende dieser Reihe wurde die erste Dauer nochmals hinzugefügt:
Abb. 10: Dauerreihe von SACATECA'S DANCE
Synchronisation
Vier verschiedene Permutationen dieser Reihe bestimmen die polyphonische Struktur des Tonbandes, wobei jeder Permutation eines der Teilspektren A, B, C und D zugeordnet wird. Die gesamte Struktur besitzt folgende parametrischen Tendenzen:
lange Dauer | ----> | kurze Dauer | ----> | lange Dauer |
geräuschhaft | ----> | sehr tonhaft | ----> | geräuschhaft |
Abb. 11: Zeitliche Struktur in SACATECA'S DANCE
100 Klänge - 25 für jede Schicht, mit den entsprechenden Teilspektren und Dauern - wurden mit dem KLANGOBJEKTGENERATOR produziert. Die 4-Spur Synchronisation erfolgte 1992 im ZKM mit dem Programm CSOUND auf einem NeXT-Computer.
Tonbeispiel 9: Weißes Rauschen wird durch eine Bank von 30 Filtern prozessiert. Jeder Filter hat als Zentralfrequenz eine der 30 Frequenzen des Spektrums.
Tonbeispiel 10: Gleiche Schaltung, jedoch mit verschiedener Bandbreite. Die Filter sind entsprechend den Teilspektren A, B, C und D gruppiert. Durch Amplitudenkurven sind die verschiedenen Teilspektren gut wahrnehmbar.
Tonbeispiele 11, 12, 13, 14: Ausgang der 'Singfilter' mit den entsprechenden Teilspektren A, B, C und D.
Das Material der Flötenstimme beschränkt sich fast ausschließlich auf die Tonhöhen des Spektrums. Die Raumgestaltung des Flötenklangs im Konzert wird mit einer Schaltung unter Anwendung des Radio-Baton4 und der Software MAX5 auf der ISPW-Karte realisisert. Die vier Ecken der Fläche des Radio-Batons stellen die vier Ecken des Raumes dar, ein zusätzlicher Spieler kann mit den Stäben den Klang mit beliebigem Hallanteil an eine beliebige Stelle des Raumes projizieren.
Tonbeispiel 15 gibt die Stereo-Mischung der Komposition wieder, in der die Klänge der Beispiele 11 bis 14 vorkommen.
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3 aus: "A Separate Reality", Seite 11
4 Das 'Radio-Baton' ist eine Erfindung von Max Mathews. Zwei Stäbe, einen in jeder Hand, senden Signale, die von einem Empfänger in der darunterliegenden quadratischen Fläche (etwa 50 cm Seitenlänge) aufgefangen werden. Diese Signale werden in MIDI-Informationen umgewandelt, die als Steuersignale im Computer verarbeitet werden können. Jeder Stab (Hand) kann sich in drei Koordinaten-Achsen bewegen: links-rechts (x), vorne-hinten (y), unten-oben (z). Somit können sechs Steuersignale gleichzeitig generiert werden.
5 MAX und die Ircam Singal Processing Workstation (ISPW) sind Entwicklungen des IRCAM, Paris.
© 2000 IEM Graz, zuletzt geändert am 11. Februar 2000, office@iem.at